16 §.5. Die ältesten Staaten des Heidenthums.
Auf die Priesterstaaten dieser Gattung folgen erst die-
jenigen, in welchen der Kriegerstand (einheimisch oder ein-
gedrungen) in einem seiner Häupter den Priesterstand zwang,
die Herrschaft mit ihm zu theilen. Bei diesen wandelte
sich die Hierarchie in eine Despotie um, mußte aber doch von
der Religion den Schein göttlichen Ansehens borgen und der
priesterlichen Macht noch großen Einfluß einräumen. Als
solche priest erliche K r i e g e r st a a t e n des hohen Alter-
thums zeichnen sich besonders aus: der ägyptische, chal-
d ä i sch e, (alt-) assyrische, (alt-) m e d i sch e und (alt-)
persische.
Die Lebenseinrichtung dieser verschiedenen Priesterstaaten
beruhte überall im Grunde auf dem Sterndienste (Sa-
bäismus), und diejenigen, bei welchen derselbe am vorherr-
schendsten war, wie bei dem Zendvolke, den Indern, den
Athiopen, wollten in den innern und äußern Gliederungen
ihres Bestandes das „Abbild himmlischer Ordnung" (d. h.
einer den Gestirnen entnommenen sinnlichen Weltordnung)
darstellen, weil jenes Alterthum in der unwandelbaren
Stetigkeit der Sterne das Vorbild für seine menschlichen
Einrichtungen sah und dieselbe daher durch jene ceremoniellen
Formen nachahmen und einer willkührlichen, das Ganze in
seinen Theilen leicht verrückenden Bewegung Vorbeugen wollte.
Da aber diese menschliche Ordnung ein falsches Bild der
wahren und ewigen Gottesordnung war, so mußte sie allmäh-
lig zu einer, alles freie und gesundeleben erstickenden, bloßen
mechanischen Ordnung werden, deren starres Gesetz keine
wahre Liebe und keine wahre Freiheit kannte und förderte.
Daher suchte am Ende wenigstens die Natur ihre Rechte
geltend zu machen und in den priesterlichen Kriegerstaaten, in
welchen der Sabäismus mehr zurückgedrängt und mit andern
religiösen Vorstellungen vermischt erscheint, sich durch den
weltlichen Despotismus zu einer andern Lebensordnung Bahn
zu brechen, wiewohl alsdann auch dieser, da er auf Willkühr
und Scheinheiligkeit ruhte, ungeachtet seiner größern Lebens-
regung in noch weit tieferes sittliches Verderben hineinführte.
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§. 14«. Die Phönizier.
41
V. Die Phönizier.
14'. ^In dem schmalen, zu Syrien gehörigen, buchtenreichen
Küstenstriche des Mittelmeers, durch welchen der wal-
dige Libanon zieht, der zum Theil Vorgebirge in's
Meer sendet, zum Theil in einem Nebenzweige, dem Anti-
libanon, sich östlich nach Syrien hinstreckt, wohnten in den
ältesten Zeiten Kanaanäer oder Abkömmlinge Hams. Zn
unbestimmter Zeit ließ sich sodann der, den Semiten angehörige
syrische Stamm der Phönizier, der wahrscheinlich aus der
Gegend des persischen Meerbusens herkam, unter den Ur-
einwohnern jenes Küstenlandes nieder und bekam bald durch
seine geistigere Regsamkeit das Übergewicht über diese seine>
hamitische Umgebung.
Frühe schon verfielen sie, unterstützt durch die Beschaffen-
heit des Bodens, der weder zum Ackerbau noch zur Viehzucht
einlud, auf Schifffahrt und Handel und wurden all-
mählig das berühmteste und mächtigste Handelsvolk des
Alterthums.
Die Gründung der phönizischen Küstenstädte geschah all-
mählig, indem immer eine als Colo nie von der
andern ausgieng. Die älteste von ihnen war Sidon,
von welcher alsdann die Stadt Tyrus gestiftet wurde, welche
späterhin jene ihre Mutterstadt an Macht und Glanz übertraf.
Anfänglich war jede phönizische Stadt von der andern un-
abhängig; jede stand mit ihrem U m g e b i e t e unter einem
Könige, der mit einem, aus den vornehmsten Geschlechtern
bestehenden Stadtrathe die Gewalt theilte. Das Bedürfniß
gemeinsamer Vertheidigung und Beschützung ihres Handels
trieb sie aber frühe an, in Ein großes Städtebündniß
zusammenzutreten, an dessen Spitze zuerst Sidon, später
T y r u s als Vorort stand.
Da die Phönizier zugleich bedeutenden Landhandcl
mit Arabien, Ägypten und Äthiopien, mit Babylonien und
Indien, mit Assyrien und den Kaukasusländern trieben, und
ihr eigener Kunstflciß auf wichtige Erfindungen
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44 §. 14b. Die ältesten Staaten des Heidenthums.
Gesetzes ein völlig Todtes geworden; theils hatte es sich durch
Beimischung der Ausgeburten des niedrigsten Sinnenlebens
und der zügellosesten Leidenschaft unter dem Scheinbild höherer
Wahrheit zur abscheulichsten Lüge und entsetzlichsten Verkehrt-
, heit gestaltet.
Und dennoch waren in diesen, zum Theil auf dem Stern-
dienste beruhenden, heidnischen Religionen noch manche, wenn
auch sehr verkümmerte, Reste ehemaliger Wahrheit,
vermöge deren jenen orientalischen Völkern ein gewisser Grad
bildenden Einflusses auf die Gestaltung der Weltbegebenheiten
eingeräumt war.
Daß aber der Mensch, je weiter er sich von der wahren
Duelle des Lebens entfernt, desto mehr in Verfinsterung des
Herzens und Geistes dahin gegeben wird, zeigt schon die Ab-
götterei der angeführten Völker, zeigt vollends das trostlose
Elend, ja der bis zur thierischcn Rohheit und Stumpfheit.herab-
gesunkene Zustand so vieler von denjenigen Völkern, die außer
dem Bereiche der Geschichte liegen.
Weil denn auf diese und ähnliche Weise alle Heidenvölker,
in der Macht der Sünde und des Irrthums dahinlebend, den
Weg des Friedens verloren, und selbst im semitischen Stamme
Eber's (s. §. 4) der Rest des Lichts wahrer Heilserkenntniß
mit dem Rauch und Dunst des Irrthums sich zu trüben an-
gefangen hatte, so wäre nothwendig die Erkenntniß des
lebendigen Gottes ganz von der Erde verschwunden, wenn
der erlösende Gott sich nicht selbst einen Mann, und in dem-
selben ein Volk erwählt und ausgesondert hätte, dem er sich
in seinem Wesen offenbarte, und aus welchem in der Fülle
der Zeit der verheißene Trost der Erlösung kommen und das
Licht der Erkenntniß auf die im Finstern und Schatten des
Todes sitzenden übrigen Völker überströmen sollte.
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68 §. 28, Israel unter persischer Herrschaft.
nische, so daß sein Scepter über die weiten Lande vom
Indus und Jarartes bis zum ägäischen Meer, und vom Kau-
kasus bis Ägypten gebot.
Durch Cyrus erfüllten sich die Weissagungen der Prophe-
ten (z. B. Jes. 29, 10—14) von der Nückkehr der
Juden aus der babylonischen Gefangenschaft.
In voller Anerkennung des lebendigen Gottes, den die Juden
verehrten, forderte er diese durch ein königliches Ausschreiben
auf, in ihr Land zurückzukehren und den Tempel wieder auf-
zubauen. Dazu gab er ihnen alle Tempelgefäße heraus und
unterstützte sie sonst noch durch freiwillige Gaben.
Doch nur 42,000 Familien, aus den Stämmen Juda,
Benjamin und Levi, benützten vorerst diese Erlaubniß und
zogen unter Anführung Serubäbel's, eines Fürsten aus
davidischem Stamme, und unter dem Hohenpriester I o su a
in ihr verödetes Vaterland zurück, wo sie sich, nach Herstellung
der Geschlechtsregister, gleich an den Wiederaufbau des Tem-
pels machten.
Unterdessen kam Cyrus auf einem unglücklichen Kriegszuge
gegen die Massageten oder Derbiker, Steppenvölker im Norden
seines Reiches, um's Leben, und sein ältester Sohn Kambyses
wurde 529 v. Chr. sein Nachfolger.
Diese Regierungsveränderung benützten die gegen die
Juden feindselig gesinnten Samariter (s. §. 26 a. E.) und
brachten es durch falsche Anklage bei Kambyses dahin, daß der
Tempelbau während der ganzen Regierung desselben einge-
stellt werden mußte.
Der durch seine Grausamkeit berüchtigte Kambyses suchte
nun die Herrschaft seines Vaters weiter auszudehnen, und
unternahm einen Eroberungszug (durch Phönizien und
Palästina) gegen Ägypten, welches damals unter seinem
Könige Amzsis in glücklichem Wohlstände blühte.
Weil aber Amasis, der weder aus der Priester-, noch aus
der Adelskaste war, die Verteidigung des Landes griechischen
Söldnern anvertraute, und diese nach Amasis Tode seinen
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§. 27. Zsrael tut Exil. Gründung des persischen Weltreichs. 65
Als aber der von ihm eingesetzte (letzte) König Jnda's,
Zedekia, ebenfalls abtrünnig wurde, wird Jerusalem
von N e b u c a d n e z a r z e r st ö r t, der Tempel verbrannt,
der König geblendet, und santmt den noch übrigen bedeuten-
dern Einwohnern des Landes
S88 v. Ehr. in die babylonische Gefangenschaft
geführt.
Da saß das von seinem Bundesgott abgefallene Volk
„weinend an den Bächen Babylon's, wann es an Zion ge-
dachte." Denn die Weissagungen der Propheten hatten sich
schrecklich an ihm erfüllt; sein Gott hatte ihm gezeigt, daß er
ein heiliger und gerechter Gott ist, der seiner nicht spotten
läßt. Doch selbst in dieser Strafe sollten sie ihn wieder auch
als den barmherzigen und gnädigen Gott kennen lernen, der
nur Gedanken des Friedens über sie hätte, und nicht des
Leides. „Denn" — also ließ er ihnen durch Ieremia ver-
kündigen — „so ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet,
so will ich mich von euch finden lassen, und will euer Gefäng-
niß wenden." Und Juda machte es nicht wie Ephraim, son-
dern schlug in der Verbannung in sich und suchte wieder das
Antlitz seines Gottes, den es bald auch als den ewig treuen
erfahren sollte.
5. Israel im Exil. Gründung des persischen
Weltreichs.
§. 27, |5ie in der babylonischen Gefangenschaft befindlichen
Juden hatten es im Äußerlichen nicht so schlimm; mehrere
vornehme jüdische Jünglinge hatte Nebucadnezar (schon seit
seinem ersten Zuge gegen Juda) an seinem Hofe erziehen lassen
und sie zu Statthaltern in verschiedenen Provinzen des Reichs
gemacht: ja einer darunter, der durch seine Gottesfurcht tind
Weiffagungsgabe ausgezeichnete Daniel (ein Zeitgenosse
des gleichfalls in der babylonischen Gefangenschaft am Flusse
Ehebar lebenden Ezechiel's) bekam noch vor jener Zer-
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Extrahierte Personennamen: Daniel_(
Extrahierte Ortsnamen: Zedekia Jerusalem Juda Gottes Israel Juda
132 Z. 51. Kampf der Plebejer und Patricier.
Gesetzgebungs-Commission von zehn Männern,
Deeemvirn, gewählt, von der
4si Rom die e r st en g e sch r i e b e n en G e se tz e auf 10 Ta-
feln bekam, denen die für das nächste Jahr gewählten De-
cemvirn noch zwei Tafeln hinzufügten, weßhalb die ganze
Gesetzsammlung den Namen der Zwölftafelgesetze erhielt.
Diese letzten Deeemvirn aber mißbrauchten die ihnen ver-
liehene Gewalt zu willkührlicher Bedrückung der Plebejer,
und behielten ihre Amtsstellen über die festgesetzte Zeit. Als
daher zwei Nachbarvölker mit Krieg drohten, folgte das längst
unmuthige Volk den Deeemvirn nur ungern ins Feld.
Während das Heer zu Felde lag, erlaubte sich der allein
zurückgebliebene patricische Decemvir App ins Claudius,
von dem die bisherigen Bedrückungen vorzüglich ausgegan-
gen waren, eine Gewaltthat, welche den Sturz der Decem-
virn zur Folge hatte. Ilm sich nämlich der Virginia, der
Tochter des Plebejers Virginiuö, zu bemächtigen, bewog er
einen seiner Clienten, sie für das Kind seiner Sclavin aus-
zugeben und vor seinem Richterftuhl als Eigenthum anzu-
sprechen. Am Tage der letzten Entscheidung aber erschien
der eiligst vom Heere zurückgekehrte Vater der Virginia mit
ihr und ihrem Bräutigam — unter großer Theilnahme des
Volks — vor Gericht, und als Appius das Mädchen wirklich
dem Clienten zusprach und die bewaffneten Begleiter des De-
cemvirs die murrenden Plebejer vom Richterstuhle Hinweg-
trieben, stieß der Vater in der Verzweiflung seiner Tochter
das Messer in das Herz, um ihre Tugend vor dem Tyrannen
zu retten.
Ergriffen von diesem Anblicke, brach das Volk in Much
aus und die Claudier mußten fliehen; das unterdeß vom
Virginius benachrichtigte Heer kehrte in die Stadt zurück; die
Plebejer forderten Absetzung der Deeemvirn, und als sie von
den Patriciern verweigert wurde, zogen jene wieder auf den
heiligen Berg. Nun gab der Senat nach: die Decem-
virn mußten ihr Amt niederlegen; zwei davon,
darunter Appius Claudius, nahmen sich im Gefängniß das
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324 §. 109. Die französischen Revolutionskriege.
dessen Haupt Robespierre war. Allenthalben Ln Frank-
reich bildeten sich Revolutionsausschüsse, deren
zahllose Bluturtheile über Andersgesinnte von den mit
der Guillotine umherziehenden Revolutionsheeren vollstreckt
wurden.
In diesem gräßlichen Revolutionswahnsinn, der ganz
Frankreich bis in seine äußersten, nach Ost- und Westindien
reichenden, Enden ergriff, wurde vom Convente das Chri-
stenthum abgeschafft, das Daseyn Gottes geläugnet, ein
sogenannter Vernunftgottesdienst decretirt, alle Menschen
und Menschenwerke, die von einer edlern und höhern Gei-
stesrichtung zeugten, zu vertilgen begonnen und durch alles
dieß die völlige Herrschaft des Unglaubens besiegelt.
Zwar ließ Robespierre aus allmählig bei ihm erwachen-
der Gewissensangst durch den Convent wieder wenigstens den
Glauben an ein höchstes Wesen und an die Unsterblichkeit
decretiren; nichts desto weniger aber stieg, als er seine
Hauptgegner im Convent gestürzt hatte, seine Blutgier im-
mer höher, bis ihm endlich seine eigenen Amtsgenossen den
Sturz bereiteten und seine Hinrichtung
1794 d. 28. Juli der Schreckensherrschaft ein Ende machte und
eine von dem nun gemäßigteren Convente entworfene neue
Verfassung, die Dlrectorialregierung, aufstellte, bei
welcher der Rath der Fünfhundert und der Rath der Alten
die gesetzgebende, und ein Collegium von fünf Directoren
die vollziehende Gewalt üben sollte.
S. Die französischen Revolutionskriege.
§. 109. Aie Revolution rief nach Außen und nach Innen
schwere Kriege hervor.
Ein inner er Krieg brach 1793 zunächst in der Vendöe
aus, deren Bewohner nach des Königs Hinrichtung für den
Sohn desselben (der zwei Jahre nachher im Gefängnisse
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Westindien Gottes